Zu ihrer Enthaltung bei der heutigen Ausschuss-Abstimmung über die europäische KI-Verordnung (AI Act) äußert sich die Renew Europe-Berichterstatterin im Binnenmarktausschuss Svenja Hahn (FDP/RE) wie folgt:
Verbesserungen gegenüber dem Kommissionsvorschlag:
„Der ursprüngliche Kommissionsvorschlag war nicht praxistauglich und hätte europäischen Unternehmen massiv geschadet. Wir konnten an entscheidenden Stellen nachbessern und KI-Entwickler vor den praxisfernsten und teuersten Regelungen bewahren, die keinerlei Mehrwert für Verbraucherschutz gehabt hätten. So ist eine simple und unbedenkliche KI, die in einem Hochrisiko-Bereich eingesetzt wird, nicht automatisch Hochrisiko. Zum Beispiel ein Terminvergabesystem beim Arzt. Auch die Definition von KI orientiert sich nun an der der OECD und sorgt für internationale Anschlussfähigkeit. Reallabore sollen etabliert werden, als wichtiges Mittel, insbesondere für innovative Startups. Besonders wichtig ist, dass Forschung und Entwicklung vom Anwendungsbereich des AI Act ausgenommen, sowie klare Zuständigkeiten für die verschiedenen Akteure entlang der KI-Wertschöpfungskette geschaffen wurden. Damit sind einige gravierende Fehler des Kommissionsvorschlags ausgebügelt.“
Zu Innovation und Bürgerrechten:
„Es sind zu viele Unklarheiten und unnötige bürokratische Anforderungen geblieben, die Big Tech-Unternehmen, mit großen Compliance-Abteilungen leichter umsetzen werden können, als kleine und mittelgroße Unternehmen. Die EU Kommission muss umgehend entsprechende Guidelines rausbringen, um rechtliche Unsicherheiten zu beseitigen. Die Umsetzung muss so unkompliziert wie möglich erfolgen, denn der AI Act darf nicht zu einer Innovationsbremse werden.
Wir konnten gegen die Mitgliedsländer kein Verbot biometrischer Echtzeitüberwachung erreichen, aber viele rechtsstaatliche Hürden für die Nutzung biometrischer Echtzeitidentifizierung einziehen. Mich besorgen potenzielle Schlupflöcher, wie ein Verweis auf Terrorgefahr oder nationale Sicherheitsausnahmen. Auch bei der retrograden biometrischen Identifizierung von Personen oder dem sogenannten Predictive Policing habe ich für stärkere rechtstaatliche Hürden gekämpft als nun vorgesehen. In Zukunft gilt es, mit allen rechtsstaatlichen Mitteln der EU dafür zu arbeiten, dass nationale Regierungen Künstliche Intelligenz nicht für Überwachungszwecke missbrauchen.“
Zur Abstimmung im Parlament:
„Wir konnten in den Verhandlungen der vergangenen zwei Jahre wichtige liberale Erfolge im Sinne von Innovation und Bürgerrechten erzielen. Insgesamt hätte ich mir aber mehr Freude an Innovation und noch stärkeren Schutz von Bürgerrechten gewünscht. Als Verhandlerin bin ich davon überzeugt, dass das Ergebnis hätte besser sein können und müssen. Deshalb kann ich mich persönlich in der Gesamtabwägung bei der Parlamentsabstimmung zum AI Act nur enthalten.“
Zur Abstimmung im Rat:
„Es ist sinnvoll, dass die deutsche Bundesregierung den AI Act im Rat mitgetragen hat, um die erreichten rechtsstaatlichen Erfolge zu sichern und zum jetzigen Zeitpunkt einen einheitlichen Rechtsrahmen für die europäische Wirtschaft zu schaffen. Jetzt wird die Umsetzung entscheidend, deshalb werde ich mich mit Nachdruck dafür einsetzen, dass die zugehörigen Guidelines der Kommission die Unklarheiten beseitigen und unseren Unternehmen verständliche Vorgaben zur Umsetzung des Gesetzes an die Hand geben. Zudem werde ich alle Bemühungen auf nationaler Ebene unterstützen, die die Regeln zum Schutz der Bürgerrechte noch schärfer fassen, als im AI Act vorgesehen, allen voran bei der biometrischen Fernidentifizierung.“